Augenblick
Dieser Augenblick. Wenn jemand so redet, meint er eine kurze Zeit, aber ein wichtiges Ereignis. Ganz herzerwärmend ist es für mich in den Ehegesprächen, wenn ich nach dem Anfang der Liebe der Brautpaare frage. Oft ist es wirklich nur ein Augenblick. Und der Mann und die Frau blicken sich an. Und erkennen: Sie sind füreinander geschaffen. Ein Augenblick, der dann das weitere Leben verändert und prägt.
Der Augenblick ist das genaue Gegenteil von dem Alltag. Er durchbricht die Gewohnheit und die Routine. Er ist wie ein Lichtstrahl, der geschwind und behände durch die dichten Wolken bricht. Und dabei das ganze Land in ein anderes Licht stellt.
Liturgie und gelebter Glaube sind solche Augenblicke der Gnade. Glaube ist ja eigentlich nichts anderes als Begegnung mit Gott. Und damit Unterbrechung des Alltäglichen.
In der Bibel ist oft die Rede vom Blick Jesu. Ein Blick, der froh macht und heilt. Oder zur Bekehrung ruft, wie das dem Petrus zum Zeitpunkt seines Verleugnens geschah. Sein Blick hellt auf. Auch das Dunkel der Sünde.
Augenblicklich geschieht die Gnade, das heißt das „Göttliche Geneigt sein“, was der ursprüngliche deutsche Ausdruck für dieses Wort ist.
Lassen wir uns augenblicklich anschauen. Gibt es einen schöneren Augenblick, als wenn der Priester die Hostie hochhebt, damit der Herrlich-Heilige seine Geliebten anblickt. Und dieser Augenblick soll nie vergehen. Daher hat die Kirche die Monstranz. Daher die Anbetung des gewandelten Brotes. Geben wir Jesus augenblicklich die Chance, uns anzublicken. Und ganz wichtig: Anblicken und Anblicken lassen heißt auch einmal loszulassen. Und wirklich nur blicken.
„Er sieht mich, ich sehe ihn“ das sagte einmal ein frommer Bauer dem Heiligen Pfarrer von Ars, als dieser ihn nach seinem Gebet fragte, das er nach der Arbeit in der Kirche, die er dann besuchte, verrichtete.
Ein Augenblick genügt- auch wenn er Stunden dauern darf- denn Verliebte kennen ja keine Zeit und Stunde.
Es grüßt Sie
Ihr
Erblickender Ludwig-F. Mattes